FENDER  SUPER  REVERB

 

Ein Blackface aus dem Jahr 1966

 

 

Der Fender Super Reverb wurde 1964 vorgestellt und in der hier zu sehenden ersten Variante mit einer Ausgangsleistung von 40 Watt aus zwei 6L6 Endstufenröhren vier Jahre lang gebaut. Ab 1968 begann dann die sogenannte Silverface Ära, in der die Fender Amps eine silberne Reglerplatte verpasst bekamen. Hinzu kamen auch technische Änderungen. Die Ausgangsleistung stieg im Laufe der Zeit auf 45 und später sogar auf 70 Watt. Zwischendurch gab es auch mal Modelle mit Mastervolumen und Distortion Schalter. Anfang der Achtziger wurde bei den Fender Amps wieder die schwarze "Blackface" Reglerplatte eingeführt und momentan, also Anno 2006, gibt es den Super Reverb als sogenannten Reissue abgesehen von der Point to Point Verdrahtung wieder in der Urform.

 

                     

 

Der Super Reverb hat Fender Blackface-typisch zwei Kanäle, einen Normal- und einen Vibrato Kanal mit jeweils zwei unterschiedlich empfindlichen Eingängen. Nur auf den Vibratokanal wirken der Hall und das Vibrato, das natürlich eigentlich ein Tremolo ist. Dazu gibt es für jeden Kanal einen Bright Switch zur Anhebung der Höhen. Der Normal Kanal hat neben dem Volumenregler nur einen Treble und einen Bassregler. Die Klangreglung des Vibratokanals hat hingegen dazu noch einen Mittenregler. Der Hall hat natürlich auch ein Poti und das Tremolo kann in der Intensität und im Tempo geregelt werden. Die Schalter für On und Stand By findet man hinten.
Der Super Reverb hat auch die praktischen Tilt Back Legs, mit denen man den Verstärker schräg stellen kann.

 

                     

 

Dieser 1966ziger Fender Super Reverb ist ein Export Modell. Erkennbar ist das in erster Linie durch den roten Spannungswahlschalter in der Rückseite des Ampchassis. Es steht aber auch for export only auf der Backplate. Die Backplate ist original, die Blackface Frontplatte leider nicht. Ich musste dem Amp eine neue spendieren, weil ein Vorbesitzer leider Löcher reingebohrt hatte um Kontrollleuchten für den Hall und das Tremolo anzubringen. Die überflüssigen Leuchten und alles was dazugehört sind entfernt und Blackface Reglerplatten kann man glücklicherweise heute noch kaufen. Ebenso wie den irgendwann verlorengegangenen Tragegriff. Abgesehen vom Entstauben und Reinigen bekam der betagte Verstärker auch neue Elkos, er ist also im Grunde generalüberholt. Diese Arbeit hat Uwe Kämmerich, der Inhaber der Firma MEK in Barleben ( www.uk-electronic.de ) erstklassig durchgeführt. Dafür gibt es hier noch mal ein Dankeschön und ein bisschen Werbung. Hallo Uwe  :-)
Ansonsten ist der Amp in einem schönen Zustand mit wenig Kinken. Ein paar kleine zerfaserte Stellen in der Frontbespannung sind da, aber das war es eigentlich auch schon. Die Frontbespannung ist allerdings über die Jahre deutlich, aber zum Glück gleichmäßig, in Richtung Nikotingelb angegilbt. Möglicherweise wurde damals aber auch ein etwas anderer Bezugsstoff als der strahlend silberne von Heute verwendet, das weiß ich nicht. Der originale schwarze Doppelfußschalter für den Hall und das Vibrato ist auch noch da, wurde aber ärgerlicherweise leider auch mit Kontrollleuchten "verziert". Gar nicht so übel finde ich aber die Idee des Vorbesitzers, in der rechten Gehäuseseite unten eine handelsübliche Kaltgerätebuchse für die Stromversorgung fest zu installieren, auch wenn das Gehäuse dadurch eine Bohrung verpasst bekommen hat. Das ist ganz praktisch so.

 

                     

 

Der Super Reverb hat vier 10 Zoll Speaker. Verbaut wurden über die Jahre verschiedene Speaker unterschiedlicher Firmen.
Der am meisten in den alten Blackface Super Reverb verbaute Speaker ist der, der auch hier zu sehen ist. Es ist ein Alnico Speaker der Firma CTS. Der Amp hat noch die originalen Speaker. Würde ich ihn oft weit aufgedreht spielen, wäre ein Austausch gegen gute neue Speaker für mich Pflicht, um die schönen alten Teile und damit auch den Wert des Verstärkers zu erhalten.

 

                     

 

Das Alter des Amps kann man an mehreren Merkmalen erkennen. Ein Merkmal ist z.B. der sogenannte Tubechart, der innen an die Gehäuseseite geklebt wurde und auch heute noch geklebt wird. Dort steht die Modellbezeichnung, welche Röhren in den Amp gehören und hier z.B. auch ein Stempel mit den Buchstaben PH. P steht hier für 1966 und das H für den Monat August. Dann haben die Verstärker natürlich noch Seriennummern und auch aus den Nummern und Bezeichnung der Bauteile, z.B. der Trafos, kann man Rückschlüsse auf das Alter des jeweiligen Amps ziehen. Dieser Super Reverb wurde also im August 1966 gebaut und da ich diesen Testbericht im August 2006 schreibe, ist das sozusagen ein Geburtstagstestbericht zum Vierzigsten  Smiley

Dazu möchte ich auf die richtig schöne Website www.ampwares.com und dort dem Fender Amp Field Guide verweisen, in dem alles zu dem Thema Altersbestimmung und noch vieles mehr über Fender Verstärker zu lesen ist.

 

                     

 

Der Fender Super Reverb wird oft als King of Clean bezeichnet und der cleane Sound ist natürlich auch eins der Paradebeispiele für DEN Fender Cleansound. Durch die 4x10 Speakerbestückung ist der Verstärker sozusagen sehr "schnell". Stöpselt man zum Vergleich mal 12 oder sogar 15 Zoll Speaker ein, wird schnell deutlich, wie flink die kleineren Speaker ansprechen. Der Amp knallt ganz schön sozusagen, er ist sehr impulsiv und dynamisch. Höhen sind i.V. mit dem Bright Switch bis zum Abwinken parat, das schimmert und klingelt ohne Ende. Zum Glück gibt es untenherum dazu das passende Pfund, auch in Sachen Bass herrscht kein Mangel. Und noch besser: das ist alles auch noch sehr effektiv regelbar. Man kann der Super Reverb schön warm singen  lassen, aber er kann auch schreien bis einem der Zahnschmelz splittert. Und trotzdem bleibt er dabei immer ganz typisch Fender. Wie eigentlich zu erwarten, gibt es hier einen klasse Cleansound.

Der Hall wird trotz schwächerer Treiberröhre schnell groß, man dosiert also eher sparsam. Er klingt gut und gefällt mir, ich würde ihn als eher warm bezeichnen. Er gibt dem cleanen Sound sehr schön Räumlichkeit. Das Tremolo finde ich relativ unspektakulär. Klingt gut und schön, das Tremolo des kleineren Deluxe Reverb habe ich aber z.B. noch etwas schöner in Erinnerung. Vielleicht hängt das mit dem explosiveren Klangcharakter des Super Reverb zusammen.

Auch wenn er ein King of Clean ist, 40 Watt bieten nicht gerade extrem viel cleanen Headroom. Wer sehr laut clean bleiben will, sollte wohl eher zum großen Bruder Twin tendieren oder zumindest weniger ausgangsstarke Pickups verwenden. Mit meiner ES 135 mit Classic 57´Humbuckern geht das Zerren bei Volume 3 bis 4 allmählich und sanft einsetzend los und steigert sich bis Vollanschlag zu einem schon recht satten Crunchsound. Mit ausgeschaltetem Bright Switch und eher etwas sparsamen dosierten Bässen klingt das klasse. Aber richtig los geht es erst mit Strat und Tele. Manchmal hört man, Fender Gitarre und Fender Amp passt nicht, hier ist das absolute Gegenteil der Fall. Dieser Super Reverb klingt und reagiert mit einer Strat oder einer Tele für mich deutlich besser als mit einer Humbucker Gitarre, deren höherer Output ihm offensichtlich weniger schmeckt.

Mit der Strat gibt es Texas Wüstengeflimmer vom Feinsten. Das ist Texas Blues, der raucht, knallt und qualmt und klingelt, dass sich sofort die Mundwinkel nach oben ziehen. Das strahlt und glitzert transparent und ist trotzdem warm. Extrem (fast schon zu) dynamisch.

Sehr gut versteht er sich auch mit Zerr Pedalen, wobei aber zuviel Zerre einfach den Charakter des Amps kaputtmacht. Dafür ist er irgendwie zu schade, finde ich. Für High Gain sollte man andere Amps nehmen, ein Fender Super Reverb ist für so was nicht gemacht und nicht gedacht. Mit einem Power Soak versteht er sich auch sehr gut, ich habe ihn als "Testamp" für einen Weber Mass Power Soak missbraucht und das klappte sehr ansprechend.

Nachtrag:
Nach dem Schreiben dieses kleinen Berichtes habe ich meine alten Ausgaben des Gitarre&Bass Magazins nach einem Testbericht des Super Reverb durchforstet und bin in der Sonderausgabe Fender aus dem Jahr 2001 fündig geworden. Beim Durchlesen fiel mir dann auf, dass eigentlich alles was hier steht auch dort zu lesen ist. Allerdings in der, wie ich finde, doch deutlich professionelleren Schreibweise des Herrn Neumeier. (dafür gibt es hier aber mehr Bilderchen ;-D) 
Damit will ich mich nicht selbst beweihräuchern, sondern feststellen, dass sich die Klangbeschreibung in Richtung Texasblues und die schnelle dynamische Ansprache des Super Reverb scheinbar zwingend aufdrängt und passt. In der Ausgabe wurde der neue Super Reverb RI getestet, der 2001 gerade auf den Markt gekommen war.

Richtig klasse wäre jetzt natürlich ein Vergleichstest alt/neu. Vielleicht ergibt sich irgendwann mal eine Gelegenheit, mal schauen.

 

Hier kann man den Super Reverb sehen und hören:  KLICK

 

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© Bilder und Text, Dieter Stenzel,14.08.2006